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Oktober 2010

April 2007

Bundestag beschließt „Initiative 50plus“

Der Deutsche Bundestag hat am 9. März 2007 in 2. und 3. Lesung das „Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen“ verabschiedet. Das Gesetz sieht Änderungen des Arbeitsförderungsrechts und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vor, die dazu beitragen sollen, die Beschäftigungsfähigkeit und die Beschäftigungschancen älterer Menschen zu verbessern. Damit soll die gleichzeitig vom Bundestag beschlossene schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters – Rente ab 67 – flankiert werden.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf ist – was die Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation Älterer betrifft – im parlamentarischen Verfahren unverändert geblieben. Die Vorschläge des Bundesrats, insbesondere zur Änderung der Regelung über den Eingliederungszuschuss sowie Änderungsvorschläge in der öffentlichen Sachverständigenanhörung des federführenden Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, sind nicht aufgegriffen worden.

Im Einzelnen sieht das Gesetz Folgendes vor:

Die Regelung des § 14 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) über befristete Arbeitsverträge mit Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern ab Vollendung des 52. Lebensjahres wird europarechtskonform gestaltet. Voraussetzung für die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertra­gs ist künftig, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses min­destens vier Monate beschäftigungslos war, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme, d. h. an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder an einer sog. Arbeitsgelegenheit („1-Euro-Job“) teilgenommen hat. Die Höchstbefristungsdauer bei demselben Arbeitgeber beträgt fünf Jahre. Innerhalb dieses Zeitraums ist die mehrfache Verlängerung eines zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

Die berufliche Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in kleinen und mittleren Betrieben wird weitergehend gefördert. Künftig können Beschäftigten bereits ab einem Alter von 45 Jahren in Betrieben mit bis zu 250 Arbeitnehmern die beruflichen Weiterbildungskosten erstattet werden (derzeit ab 50 Jahre in Betrieben bis 100 Arbeitnehmer). Sie erhalten einen Bildungsgutschein, mit dem sie unter zertifizierten Weiterbildungsanbietern frei wählen können (Änderung des § 417 Abs. 1 SGB III).

Durch einen neuen Kombilohn haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr, die eine geringer bezahlte Tätigkeit aufnehmen und die noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 120 Tagen haben, einen Rechtsanspruch auf teilweisen Ausgleich der Differenz zwischen dem Nettoentgelt vor der Arbeitslosigkeit und dem Nettoentgelt in der neuen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (Entgeltsicherung). Die Nettoentgeltdifferenz wird im ersten Jahr zu 50 % und im zweiten Jahre zu 30 % ausgeglichen. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus der neuen Beschäftigung werden durch einen Zuschuss auf 90 % der früheren Beiträge aufgestockt (Änderung des § 421j SGB III).

Bei der Einstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab dem 50. Lebensjahr, die in den letzten sechs Monaten arbeitslos waren oder an bestimmten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilgenommen oder persönliche Vermittlungshemmnisse haben, können Arbeitgeber künftig Eingliederungszuschüsse für mindestens ein Jahr, höchstens drei Jahre in Höhe von mindestens 30 % und höchstens 50 % der Lohnkosten erhalten. Voraussetzung ist, dass ein Arbeitsverhältnis für mindestens ein Jahr begründet wird. Weitergehende Regelungen sollen gelten, wenn besonders betroffene ältere schwerbehinderte Menschen eingestellt werden (Änderung des § 217f SGB III).

Weitere Änderungen des SGB III

Das Gesetz enthält noch weitere Änderungen des SGB III, die mit dem eigentlichen Anliegen des Gesetzes, der Förderung der Beschäftigung Älterer, nichts zu tun haben, aber durch Aufnahme in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren schneller in Kraft treten können:

Telefonische Arbeitslosmeldung: Die Regelung über die frühzeitige Arbeitsuche (§ 37b SGB III) wird ergänzt. Künftig können Arbeitnehmer oder Auszubildende, denen Arbeitslosigkeit droht und die sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden müssen, diese Meldung fristwahrend auch telefonisch erstatten. Die Frist gilt durch den Telefonanruf aber nur dann als gewahrt, wenn die persönliche Meldung bei der Agentur für Arbeit nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird.

Hilfe der Agenturen für Arbeit bei der Suche nach selbstständiger Tätigkeit: Erweitert wird die Regelung des § 36 Abs. 4 SGB III über die Unterstützung Arbeitsuchender durch die Agenturen für Arbeit bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Die Agenturen für Arbeit können Arbeitsuchende künftig auch auf Angebote von Tätigkeiten hinweisen, die nicht im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, sondern als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wer­den, z. B. als selbstständige Künstler, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Die Agenturen für Arbeit werden hier nicht vermittelnd, sondern nur informierend tätig. Sie müssen gleichwohl prüfen, ob die angebotene selbstständige Tätigkeit für den Betreffenden geeignet ist und das Angebot nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Nachträgliche Berücksichtigung von Mutterschaftszeiten zwischen 1998 und 2002 in der Arbeitslosenversicherung: Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvL 10/01) werden Zeiten des Bezugs von Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz oder von Mutter­schaftsgeld, die in den Jahren zwischen 1998 und 2002 bei der Berechnung der Anwartschafts­zeit für Leistungen der Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt wurden, nachträglich wie­der einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt. Daraus können sich nachträglich Ansprüche auf Arbeitslosengeld ergeben, die wegen fehlender Anwartschaftszeiten von den Agenturen für Arbeit abgelehnt worden sind. Sind Fälle noch nicht bestandskräftig entschieden, müssen sie von den Agenturen für Arbeit von Amts wegen neu entschieden werden, bei Bestandskräftigkeit der Entscheidung muss die Betreffende einen Antrag stellen (neuer § 427a SGB III).

Schließlich wird die Beitragszahlung der Rentenversicherungsträger an die Bundesagentur für Arbeit für Bezieher von vollen Erwerbsunfähigkeitrenten neu geregelt (Änderung des § 224a SGB III).

Wie geht es weiter?

Das Gesetz hat den Bundesrat am 30.03.2007 passiert. Es wurde am 24. April 2007 im Bundesgesetzblatt (Teil I Nr. 15 v. 24.04.2007, pdf-Dateisymbol S. 538 ff.) verkündet und tritt damit am 1. Mai in Kraft.

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