Kirchengewerkschaft
Landesverband  B A D E N

kontrastreiche Ansicht

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Oktober 2010

März 2007

hier finden Sie nähere Ausführungen, Erklärungen, Hinweise auf gerichtliche Entscheidungen oder auch Hinweise zu Mitteilungen des Evangelischen Oberkirchenrates zu den einzelnen Bestimmungen und Regelungen des TVöD, TVÜ und der AR-M.
Sollten Sie selbst zu dieser (oder einer anderen Regelung) einen Kommentar schreiben wollen, so sind Sie herzlich eingeladen dazu!
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Herzlichen Dank

Begründung der Bundesregierung zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (§ 14 Absatz 3)

Voraussichtliches Inkrafttreten: 1. Mai 2007

Nach der derzeitigen Fassung des § 14 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) können mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden, ohne dass für die Befristung ein sachlicher Grund (z. B. Vertretung, Saisonarbeit) erforderlich ist. Die Befristungsdauer und die Zahl der Vertragsverlängerungen sind nicht begrenzt. Ebenso gibt es keine Beschränkung wiederholter Befristungen bei demselben Arbeitgeber. Die Altersgrenze von 52 Jahren gilt nach Artikel 7 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) bis zum 31. Dezember 2006. Bei Beibehaltung dieser Regelung würde danach wieder die ursprüngliche Altersgrenze von 58 Jahren gelten.

Die Möglichkeit, mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr befristete Arbeitsverträge unter erleichterten Voraussetzungen einzugehen, soll bestehen bleiben. Das erfordert die nach wie vor schwierige Beschäftigungssituation älterer Arbeitsuchender. Menschen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren sind von Arbeitslosigkeit wesentlich stärker betroffen als andere Altersgruppen. Über die Hälfte von ihnen ist langzeitarbeitslos, die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit liegt bei 16,5 Monaten. Die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen soll zusammen mit den Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung den Unternehmen die Entscheidung zur Einstellung älterer Arbeitsuchender erleichtern. Eine befristete Beschäftigung kann auch für Ältere eine Brücke zu einer dauerhaften Beschäftigung sein.

Der Europäische Gerichtshof hat am 22. November 2005 in der Rechtssache C-144/04 (Mangold) entschieden, dass die geltende Fassung des § 14 Abs. 3 TzBfG gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstößt. Zwar sieht der Gerichtshof das Ziel der Re- gelung, die berufliche Eingliederung arbeitsloser Älterer zu fördern, als legitim an. Nach der Auffassung des Gerichtshofes geht die Regelung jedoch über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist.

Das Alter des betroffenen Arbeitnehmers werde als einziges Kriterium für die Befristung des Arbeitsvertrages festgelegt, ohne dass nachgewiesen wäre, „dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen im Zusammenhang mit der Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und der persönlichen Situation des Betroffenen zur Erreichung des Zieles der beruflichen Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer objektiv erforderlich ist“. Dies laufe darauf hinaus, „dass allen Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, unterschiedslos – gleichgültig, ob und wie lange sie vor Abschluss des Arbeitsvertrages arbeitslos waren – bis zum Erreichen des Alters, ab dem sie ihre Rentenansprüche geltend machen können, befristete, unbegrenzt häufig verlängerbare Arbeitsverträge angeboten werden können“. Diese große Gruppe von Arbeitnehmern laufe damit „während eines erheblichen Teils ihres Berufslebens Gefahr, von festen Beschäftigungsverhältnissen ausgeschlossen zu sein, die … einen wichtigen Aspekt des Arbeitnehmerschutzes darstellen“.

Das Bundesarbeitsgericht ist in einem Urteil vom 26. April 2006 dem Europäischen Gerichtshof gefolgt und hat eine auf § 14 Abs. 3 TzBfG gestützte sachgrundlose Befristung für unwirksam erklärt.

Die Neuregelung beachtet die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes und die anderen gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen.

Voraussetzung für die Befristung des Arbeitsvertrages ist künftig neben der Vollendung des 52. Lebensjahres, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer unmittelbar vor Be- ginn des befristeten Arbeitsverhältnisses insgesamt mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III war. Durch das Abstellen auf den Begriff „beschäftigungslos“ anstelle des Begriffs „arbeitslos“ wird einem größeren Personenkreis arbeitsuchender älterer Menschen eine Chance auf eine befristete Beschäftigung gegeben. Ältere haben nach längerer Beschäftigungslosigkeit generell große Probleme auf dem Arbeitsmarkt, auch wenn sie nicht arbeitslos gemeldet sind. Deshalb werden auch Zeiten einer Beschäftigungslosigkeit berücksichtigt, in denen der Ältere aus persönlichen Gründen daran gehindert war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (z. B. wegen Pflege kranker Angehöriger, Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme, vorübergehender Erwerbsunfähigkeit, Verbüßung einer Freiheitsstrafe) oder in denen der Ältere – nach Vollendung des 58. Lebensjahres – dem Arbeitsmarkt nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung stehen musste. Zur Beschäftigungslosigkeit gehören auch Zeiten, in denen Ältere an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung teilgenommen haben und deshalb nicht arbeitslos waren. Dies betrifft z. B. Teilnehmer an Maßnahmen der Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungs- aussichten nach § 48 SGB III oder der beruflichen Weiterbildung nach § 77 SGB III.

Den Zeiten der Beschäftigungslosigkeit im Sinne dieser Regelung stehen Zeiten des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld nach § 216b SGB III gleich. Für Bezieher dieser Leistung sind die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten infolge einer Betriebsänderung und des damit verbundenen Verlustes ihres Arbeitsplatzes dauerhaft weggefallen. Das Transferkurzarbeitergeld soll den direkten Übergang in neue Beschäftigung (job to job) ermöglichen. Bei älteren Beschäftigten kann dieses Ziel aber – anders als bei jüngeren Kollegen, die ebenfalls von einer Umstrukturierungsmaßnahme betroffen sind – nur selten erreicht werden. Daher ist es arbeitsmarktpolitisch erforderlich, ihnen bei der Suche nach neuer Arbeit jegliche Hilfe und auch die zusätzliche Chance einer befristeten Beschäftigung zu eröffnen.

Den Zeiten der Beschäftigungslosigkeit stehen auch Zeiten gleich, in denen die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat, also in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Arbeitsgelegenheit beschäftigt war. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um eine Hilfe, die gegenüber jeder anderen arbeitsmarktpolitischen Förderung nachrangig ist und ohne die Arbeitslosigkeit unausweichlich ist. Durch die Förderung sollen die individuellen Integrationschancen des Einzelnen verbessert werden. Gleichwohl sollen den Angehörigen dieses Personenkreises alle Wiedereingliederungsmöglichkeiten eröffnet bleiben, die auch Beschäftigungslose haben. Aufgrund der Teilnahme an einer Maßnahme der öffentlich geförderten Beschäftigung soll die Möglichkeit, über ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen, nicht verwehrt sein.

Die mindestens viermonatige Dauer der Beschäftigungslosigkeit, des Transferkurzarbeitergeldbezuges oder der Teil- nahme an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme muss unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses liegen und grundsätzlich zusammenhängend sein. Kurzzeitige Beschäftigungen während der viermonati- gen Beschäftigungslosigkeit, z. B. Aushilfstätigkeiten, unterbrechen nicht den Viermonatszeitraum. Dadurch wird eine Benachteiligung derjenigen Arbeitsuchenden vermieden, die alle Möglichkeiten nutzen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden und deshalb auch kurzzeitige Arbeitseinsätze wahrnehmen.

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold an der bisherigen Befristungsregelung für Ältere kritisiert, dass nicht berücksichtigt werde, „ob und wie lange“ sie vor der befristeten Beschäftigung arbeitslos waren. Die Neuregelung lässt deshalb die Befristung des Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Befristungsgrundes nur dann zu, wenn ältere Arbeitsuchende unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses längere Zeit beschäftigungslos oder als Bezieher von Transferkurzarbeitergeld oder Teilnehmer an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch in einer ähnlich schwierigen Lage waren. Der vorgesehene Mindestzeitraum von vier Monaten Beschäftigungslosigkeit oder gleichstehender Fördermaßnahmen verdeutlicht die persönlich schwierige Situation der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers am Arbeitsmarkt.

Unabhängig davon, dass die Befristung des Arbeitsvertrages das Vorliegen einer längeren Beschäftigungslosigkeit voraus- setzt, ist gemeinschaftsrechtlich die Festlegung einer Höchstdauer der ununterbrochenen befristeten Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber erforderlich.

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung an der bisherigen Regelung beanstandet, dass Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr „bis zum Erreichen des Alters, ab dem sie ihre Rentenansprüche geltend machen können, befristete, unbegrenzt häufig verlängerbare Arbeitsverträge angeboten werden können“. Die Notwendigkeit der zeitlichen Begrenzung der Vertragsdauer ergibt sich auch aus der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. EG Nr. L 175 S. 43). Danach dürfen die Mitgliedstaaten befristete Arbeitsverträge nur zulassen, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen oder wenn deren Höchstdauer oder die Zahl der Vertragsverlängerungen begrenzt ist. Die vorgeschlagene Höchstbefristungsdauer von fünf Jahren entspricht den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Im Interesse möglichst großer Flexibilität werden innerhalb der fünfjährigen Höchstbefristungsdauer beliebig viele Verlängerungen zugelassen.

Wenn die Befristungsvoraussetzungen vorliegen, d. h. eine viermonatige Beschäftigungslosigkeit, Bezugsdauer von Transferkurzarbeitergeld oder Teilnahme an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses, kann ein Arbeitgeber auch Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, die bei ihm schon einmal beschäftigt waren, erneut befristet einstellen.

Die Zulassung einer besonderen Regelung zur Befristung von Arbeitsverträgen mit älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Fest- legung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) (Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie). Nach Artikel 6 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, wenn sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Als mögliche legitime Ziele benennt die Richtlinie besonders Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt. Ausdrücklich hervorgehoben wird die Zulässigkeit von Festlegungen besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich der Bedingungen für die Entlassung, sofern sie erfolgen, um die berufliche Eingliederung von älteren Arbeitnehmern zu fördern.

Die Neuregelung erfüllt diese Anforderungen. Die beson- ders schwierige Arbeitsmarktsituation der von der Regelung erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr rechtfertigt die Zulassung befristeter Arbeitsverträge als Mittel der beruflichen Eingliederung in Abweichung vom Regelfall der unbefristeten Beschäftigung. Gegen die Festlegung der Altersgrenze von 52 Jahren spricht nicht, dass es auch in jüngeren Altersgruppen Arbeitsuchende gibt, die über einen längeren Zeitraum beschäftigungslos sind. Ausschlaggebend für die gewählte Grenze ist vielmehr, dass die Beschäftigungssituation der Jüngeren im Allgemeinen weniger schwierig ist als die der Älteren. Ausgehend davon kann der Gesetzgeber aufgrund der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative typisierend den persönlichen Geltungsbereich der Regelung festlegen. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass die Korrelation zwischen dem Merkmal „Alter über 52 Jahre“ und der Dauer der Arbeitslosigkeit stabil signifikant positiv ist.

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